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Die Kunde von den Klängen
Studio akustische Kunst
WDR 2011
„Dass die Dinge geschehen, ist nichts
Dass sie gewusst werden, ist alles.“
schreibt Egon Friedell 1927 in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit.
„Können Sie mir beschreiben, was Sie gerade hören?“
Diese Frage stellte Werner Cee gezielt dreizehn Personen, jede erfahren im Hinhören, im Nachdenken über die Klänge. Jeder Einzelne zog sich an einen selbst gewählten Hör-Ort zurück, ausgerüstet mit Kopfbügelmikrophon und Recorder, und zeichnete seine Gedanken auf. So entstanden die Aufnahmen etwa an 70 Meter hohen Atlantikklippen, in großstädtischen Hinterhäusern, in frostkalten Gartenlauben etc.
Doch beim Durchhören der Ergebnisse erwies es sich, dass niemand die eigentliche Frage beantwortet hatte. Jeder Befragte ließ sich von ganz eigenen Erinnerungen treiben oder formulierte seine persönliche Haltung zur Klangwahrnehmung. So zeichnen die Hörprotokolle zwar Bilder von Klanglandschaften, aber gleichzeitig auch spezielle, persönliche Porträts der beteiligten Menschen.
Die oft emotionalen Reaktionen auf die gestellte Frage zeigen: Der gehörte Klang ist keineswegs reines Abbild einer akustischen „Realität“ wie etwa eine Tonaufnahme. Vielmehr entstehen im Hören ganz individuelle Bilder, beinahe schon Metaphern. Die Kunde von der hörbaren Welt erlangt durch das Zusammenwirken von Hinhören, von Vorurteilen, Imagination, Erinnerung ihre Bedeutung.
In „Die Kunde von den Klängen“ sind Auszüge aus dieser sehr umfangreichen Sammlung von Monologen zu hören. Stimmen verweben sich zu vielschichtigen Bedeutungsebenen. Hör-Schauplätze und Orte tauchen auf, um im nächsten Moment wieder zu verschwinden. Klangflächen werden zu Projektionswänden für die Imagination der Hörorte. „Wirklicher“ Klang, Imagination und Erinnerungen wirken in dieser Klangkomposition untrennbar zusammen.
Mit
Aylin Aykan, dt-türk. Pianistin: Aufnahmen an einem Samstag in einem Münchener Loft.
John Drever, Leiter der Abteilung Sound Practice Research der Goldsmith University London:
an einer Klippe auf Westray, Orkney Islands.
Neville Tranter: Puppenspieler vor seinem Auftritt, Theaterfoyer in Göttingen.
Natascha Wodin, Schriftstellerin: 2. Hinterhaus, Berlin.
Larry Sider, Film Music Editor und Sounddesigner, Leiter der School of Sound: Park in South London.
Christina Kubisch, Klangkünstlerin, Professorin an der Musikhochschule Saarbrücken:
Hauptbahnhof Berlin
Folkmar Hein, langjähriger Leiter des elektronischen Studios der TU Berlin: in seiner Wohnung.
Jo Truman, Sängerin und Klangkünstlerin: Blue Mountains nahe Sydney.
Werner Fritsch, Schriftsteller, Filmemacher, Hörspiel- und Theaterautor: Spätwinterlicher Garten nahe Berlin.
Sowie: Walter Baumgartner, Zürich; Peter Pannke, Berlin; Kurt Diedrich, Aachen; Shige Yamakata, Kyoto/Bad Nauheim
Muttersprachliche Textanteile wurden nicht übersetzt. Das Stück ist in englischer und deutscher Sprache.
- Genre
- Radioplay